Italienischer Dynamiker mit Diesel
Hockenheim, 20. Februar 2008 - Geben wir es doch zu: Insgeheim bewundern wir Deutschen unsere italienischen Nachbarn. Pasta statt Sauerkraut, Espresso statt Filterkaffee und La Dolce Vita statt deutscher Ordnungsliebe. Andererseits hat die Begeisterung auch Grenzen: Anarchie in der Politik: Aus der Ferne noch ganz amüsant, aber bitte nicht hierzulande. Italienische Autos: Ein tolles Design, aber stimmen Verarbeitung und Zuverlässigkeit? Alfa Romeo beschreibt diesen Zustand als Widerspruch zwischen Markenliebe und Markenerfolg. Und so sind die Ziele der Mailänder in Deutschland für 2008 recht bescheiden: 11.000 Fahrzeuge sollen an den Mann oder die Frau gebracht werden.
Topversion mit Kleeblatt
Dazu beitragen sollen die neuen Quadrifoglio Verde-Ausstattungsvarianten der Modelle 147 und GT. Wir sind den GT mit dem grünen Kleeblatt (so die Übersetzung für Quadrifoglio Verde aus dem
Italienischen) am Heck gefahren. Die Optik des GT überzeugt. In der Realität wirkt die äußere Form des Coupés weniger bullig und gedrungen, als es auf Bildern den Anschein hat. Das von Bertone
entworfene Fahrzeug strahlt eine gelungene Mischung aus Kraft und Eleganz aus. Einzig die Außenspiegel in Aluminium-Optik wirken gewöhnungsbedürftig, gerade bei kräftigen Karosseriefarben.
Gut geschnittener Innenraum
Im Innenraum sitzt man bequem auf gut gestalteten Leder-Sportsitzen, einzig das Lederlenkrad ist etwas zu tief abgeordnet. Auf der gut zugänglichen Rückbank finden zwei zusätzliche Passagiere
Platz, die ausreichend Beinfreiheit genießen, jedoch ab einer Größe von 1,80 Meter in Kontakt mit dem Dachhimmel kommen. Negativ schlägt die mangelnde Übersicht nach hinten zu Buche. Die flache,
große Heckscheibe sorgt in Verbindung mit dem weit nach hinten reichenden Dachabschluss dafür, dass im Rückspiegel nur ein schmaler Sehschlitz auftaucht. Die gegen 360 Euro Aufpreis erhältlichen
Parksensoren sind damit dringend zu empfehlen. Sehr praktisch ist hingegen die weit öffnende Heckklappe des GT, die den Zugang zu dem 320 Liter fassenden Kofferraum freigibt. Schon das ist
ungewöhnlich genug für ein Coupé, aber zusätzlich lässt sich der Stauraum durch eine umlegbare Rücksitzbank auf bis zu 905 Liter erweitern.
Kräftiger Selbstzünder
Nicht nur durch sein Platzangebot verdient sich der Gran Turismo, auf deutsch "große Reise", seinen Namen zurecht. Auch der Dieselmotor prädestiniert den Italiener zum Fahrzeug für längere
Strecken. Ein Selbstzünder in einem Alfa-Coupé? Ein Sakrileg? Geht das überhaupt, werden sich die eingefleischten Alfisti fragen. Die Antwort: Ja, es geht, und das durchaus im doppelten Wortsinn.
Der 150 PS starke Diesel läuft angenehm laufruhig, einzig beim Herausbeschleunigen wird sein Arbeitsgeräusch vernehmbar, was ihm aber durchaus eine sportliche Note verleiht. Darüber hinaus lässt
sich das Aggregat schaltfaul fahren, was allerdings bei der guten serienmäßigen Sechsgang-Schaltung fast bedauerlich ist. Mittels eines haptisch angenehmen Aluminium-Schaltknaufs dirigiert man
das Getriebe kurz und knackig durch die verschiedenen Stufen. Die Übersetzung ist dabei so gewählt, dass der Motor auch bei Autobahntempo leise bleibt. Einzig die dann zunehmenden Windgeräusche
stören die Harmonie.
Das Q2-System als Highlight
Sehr gut hat uns das im Quadrifoglio Verde (abgekürzt QV) serienmäßige Sportfahrwerk gefallen. Hier hat Alfa Romeo einen gelungenen Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort gefunden. Das Fahrwerk
ist zwar straff ausgelegt, besitzt aber noch ausreichend Restkomfort, sodass man nicht den genauen Durchmesser jedes Schlaglochs im Kreuz spürt. Die Dieselversion des QV besitzt als besondere
technische Feinheit das so genannte Q2-System. Dabei handelt es sich um ein mechanisches Vorderachs-Sperrdifferenzial, das die Fahrstabilität erhöhen soll. Tatsächlich steigert diese Technik die
fahrdynamischen Grenzen des Fahrzeugs. So konnten wir Kurven mit verhältnismäßig hoher Geschwindigkeit nehmen, ohne dass negative Einflüsse in der Lenkung festzustellen waren. Auch bei starker
Beschleunigung hilft das Q2-System sehr gut, die Diesel-Kraft ohne hektische Einregelung durch elektronische Traktionskontrollen auf die Straße zu bringen.
Günstiger Einstiegspreis
Die Anhäufung hochkarätiger Technik im Alfa GT hat ihren Preis, der dennoch als günstig bezeichnet werden kann. Den Einstieg in die Welt des Kleeblatts stellt der GT mit dem 165 PS starken
Benzinmotor zum Preis von 28.750 Euro dar. Er besitzt allerdings nur ein Fünfganggetriebe und muss ohne das Q2-System auskommen. Nur wenig teurer ist der von uns gefahrene GT 1.9 JTDM 16V
Quadrifoglio Verde. Einzig dieser Diesel besitzt die Q2-Technik. Im Grundpreis von 29.980 Euro sind neben einem Sechsganggetriebe zahlreiche weitere Extras serienmäßig enthalten. Dazu zählen
Sportsitze aus Leder, ein Lederlenkrad mit Multifunktionstasten, ein Winterpaket mit beheizbaren Wischerdüsen und Vordersitzen, sechs Airbags, eine hochwertige Audioanlage, eine getrennt
regalbare Klimaautomatik und ein Tempomat. Für die Abgasreinigung ist ein Diesel-Partikelfilter an Bord. Insgesamt ergibt sich ein Preisvorteil von satten 4.800 Euro gegenüber einem gleichwertig
ausgestatteten Serien-GT.
Italienisches Flair
Mit seinem Grundpreis unter 30.000 Euro steht der Diesel-GT gut da. Ein vergleichbares BMW 320d Coupé leistet zwar 27 PS mehr, kostet aber auch mindestens 36.000 Euro. Somit lohnt sich ein Blick
auf den schicken Alfa, auch wenn der Dieselantrieb zunächst Skepsis weckt. Aber seien wir doch mal ehrlich: Wen interessiert der Motor unter der Haube, wenn im Drehzahlmesser "Giri" und im
Thermometer des Kühlwassers "Acqua" steht? Ein kleiner Italiener steckt schließlich in jedem von uns.
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